Videoüberwachung erlaubt? Private, gewerbliche & öffentliche Räume im Vergleich
Was viele nicht wissen: Wer bei der Videoüberwachung die falschen Flächen erfasst, verletzt schnell Persönlichkeitsrechte – und riskiert empfindliche Bußgelder. In diesem Artikel erfahren Sie, wo Kameras erlaubt sind, welche Bereiche tabu sind, warum Tonaufnahmen besonders kritisch sind und wie Sie technische Hilfsmittel wie Privacy Masking datenschutzkonform einsetzen.
Videoüberwachung erlaubt? Private, gewerbliche & öffentliche Räume im Vergleich


Was viele nicht wissen: Wer bei der Videoüberwachung die falschen Flächen erfasst, verletzt schnell Persönlichkeitsrechte – und riskiert empfindliche Bußgelder. In diesem Artikel erfahren Sie, wo Kameras erlaubt sind, welche Bereiche tabu sind, warum Tonaufnahmen besonders kritisch sind und wie Sie technische Hilfsmittel wie Privacy Masking datenschutzkonform einsetzen.
Inhalt
Hinweis: Dieser Artikel ist keine Rechtsberatung, sondern bietet einen praxisnahen Überblick. Bei Unsicherheiten sollten Sie stets professionelle Beratung (Datenschutzbeauftragte oder Fachanwälte) in Anspruch nehmen.
Private Nutzung: Wann die DSGVO (nicht) greift
Für private Kameras gilt grundsätzlich die sogenannte Haushaltsausnahme gemäß Erwägungsgrund 18 der DSGVO. Überwachen Sie ausschließlich Ihr eigenes Grundstück – etwa den Hauseingang oder den Garten – und verwenden Sie die Aufnahmen rein privat, fällt dies nicht unter die DSGVO.
Aber Achtung:
Sobald Sie mit Ihrer Kamera auch öffentliche Flächen oder das Nachbargrundstück erfassen, ist die Ausnahme hinfällig. Die DSGVO greift in folgenden Fällen voll:
- Die Kamera filmt den Gehweg, die Straße oder andere öffentlich zugängliche Bereiche
- Es wird versehentlich oder bewusst der Garten des Nachbarn mitgefilmt
- Die Kamera dient (auch) einem beruflichen Zweck – z. B. in einem Homeoffice mit Kundenverkehr
Dann gelten dieselben strengen Maßstäbe wie für gewerbliche Betreiber. Empfehlenswert ist in solchen Fällen, die Kameraeinstellung zu korrigieren oder auf Privacy-Masking zurückzugreifen (siehe unten).
Gewerbliche Überwachung: Berechtigtes Interesse mit Grenzen
Für Unternehmen und Gewerbetreibende gilt Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO: Die Videoüberwachung ist erlaubt, wenn sie zur Wahrung eines berechtigten Interesses notwendig ist – und die Interessen der betroffenen Personen nicht überwiegen.
Typische legitime Zwecke:
- Schutz vor Diebstahl, Vandalismus, Einbruch
- Zutrittskontrolle und Wahrnehmung des Hausrechts
- Absicherung kritischer Infrastruktur oder Gefahrenbereiche
Grenzen des Erlaubten:
- Keine Dauerüberwachung von Mitarbeitenden: Die permanente Beobachtung von Arbeitsplätzen ist ohne konkreten Anlass unzulässig und kann arbeitsrechtlich und datenschutzrechtlich geahndet werden.
- Privatsphäre achten: Toiletten, Pausenräume, Umkleiden oder medizinische Behandlungsräume dürfen unter keinen Umständen überwacht werden.
- Verhältnismäßigkeit prüfen: Nicht jede Überwachung ist automatisch zulässig – es muss jeweils die mildeste Form der Zielerreichung gewählt werden.
Praxisbeispiel:
Ein Juwelier installiert eine Kamera über dem Eingangsbereich und eine an der Kasse. Diese Maßnahmen sind datenschutzrechtlich eher unproblematisch. Eine Kamera im Personalraum zur Kontrolle der Pausenzeit hingegen wäre rechtswidrig.
Gemeinsame & öffentliche Bereiche: Höchste Vorsicht geboten
Wohnanlagen, Mietshäuser, Eigentümergemeinschaften
Hausflure, Fahrradkeller, Hauseingänge oder Müllplätze sind typische Streitpunkte. Auch wenn sie auf Privatgrund liegen, gelten sie als öffentlich zugänglich im datenschutzrechtlichen Sinne.
Erlaubt ist eine Überwachung nur, wenn:
- Ein konkretes berechtigtes Interesse vorliegt (z. B. wiederholter Vandalismus)
- Alle Betroffenen (Mieter, Eigentümer) informiert sind
- Keine milderen Mittel verfügbar sind (z. B. bessere Beleuchtung)
- Im Falle von WEG-Anlagen: ein entsprechender Beschluss vorliegt
Öffentlicher Raum
Für Privatpersonen ist die Überwachung öffentlicher Straßen, Plätze oder Gehwege grundsätzlich verboten. Diese Bereiche dürfen ausschließlich durch staatliche Stellen überwacht werden – und auch nur unter Beachtung zusätzlicher rechtlicher Vorgaben (z. B. Polizeigesetze der Länder).
Tonaufnahmen: Verbot mit strafrechtlichem Risiko
Ein besonders gefährlicher Datenschutzverstoß ist die unzulässige Tonaufzeichnung.
Rechtlicher Hintergrund:
Tonaufnahmen fallen unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – und können sogar strafbar sein. Gemäß § 201 StGB („Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“) ist es verboten, nichtöffentlich gesprochene Worte ohne Einwilligung aufzuzeichnen.
Folgen:
- Strafanzeige und ggf. Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren
- Bußgelder wegen DSGVO-Verstoß
- Zivilrechtliche Klagen auf Schadensersatz
Best Practice:
- Deaktivieren Sie bei Kameras mit integriertem Mikrofon die Tonfunktion dauerhaft
- Verwenden Sie nach Möglichkeit Geräte ohne Audiofunktion
- Informieren Sie sich bei Sonderanwendungen (z. B. Notrufkommunikation) unbedingt juristisch
Hinweis für Errichter:
Weisen Sie Ihre Kunden aktiv auf das Risiko hin. Die Tonaufnahme ist in der Praxis so gut wie nie erlaubt und kann ein massives Haftungsrisiko darstellen.
Technische Mittel zur Begrenzung des Erfassungsbereichs
Datenschutzkonformes Filmen ist oft keine Frage von Verbot oder Verzicht – sondern von technischer Justierung.
Wichtige Hilfsmittel:
- Privacy Masking: Digitale Abdeckung von Bildbereichen im Kamera-Livebild (z. B. Nachbargrundstücke)
- Blenden oder Sichtschutz: Physische Begrenzung des Sichtfelds durch bauliche Maßnahmen
- Zielgerichtete Objektive: Statt Weitwinkel lieber engere Bildausschnitte mit gezieltem Fokus
- Zonenüberwachung & Bewegungserkennung: Nur bei Relevanz wird gefilmt – besonders nützlich in Bereichen mit schwankendem Personenaufkommen
Tipp für Betreiber:
Definieren Sie Ihre „Schutzzone“ schriftlich und dokumentieren Sie, wie diese durch Kameraausrichtung und Technik eingegrenzt wird. So erfüllen Sie nicht nur die DSGVO, sondern sind auch bei Anfragen der Aufsichtsbehörden gut vorbereitet.
Zusammenfassung & Empfehlungen für die Praxis
- Privatpersonen: Nur eigenes Grundstück, keine öffentlichen Bereiche oder Nachbarn erfassen
- Gewerbe: Hausrecht wahren, Verhältnismäßigkeit prüfen, sensible Zonen meiden
- Gemeinschaftsbereiche: Nur mit triftigem Grund, Zustimmung und transparenter Information
- Tonaufnahmen: Meist strikt verboten – vermeiden oder deaktivieren
- Technik einsetzen: Privacy-Masking, Sichtschutz, gezielte Ausrichtung zur Risikominimierung
Im nächsten Beitrag widmen wir uns einem oft unterschätzten Thema:
Wie lange dürfen Videoaufnahmen gespeichert werden – und wann müssen sie gelöscht werden?
> Weiter zu Teil 3: Wie lange Sie Aufnahmen speichern dürfen – und wann sie gelöscht werden müssen
Quellen:
Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BFDI)
Datenschutzkonferenz-Online – Kurzpapier Nr. 15 (PDF)
Datenschutzkonferenz-Online – Orientierungshilfe Videoüberwachung (PDF)
FAQs zu Datenschutz und Videoüberwachung
Was darf bei einer Videoüberwachung gefilmt werden und was nicht?
Privatgrundstück vs. öffentlicher Raum:
Nur das eigene Grundstück darf erfasst werden. Sobald auch öffentlich zugängliche Bereiche (z. B. Gehweg) ins Bild geraten, greift die DSGVO. Für private Kameras gilt die Haushaltsausnahme nur bei rein persönlicher Nutzung.
Allgemein zugängliche Flächen im Wohnumfeld: Hausflure, Treppenhäuser oder Hauseingänge gelten als öffentlich zugänglich im Sinne des Datenschutzrechts. Eine Kameraüberwachung ist nur dann zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt (z. B. Vandalismusprävention), keine milderen Mittel zur Verfügung stehen und alle Bewohner informiert wurden. Die Installation durch einzelne Mieter ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft ist in der Regel unzulässig.
Geschäftsräume:
Kameras zur Wahrung des Hausrechts sind erlaubt, aber nur so viel wie nötig. Bereiche mit besonderer Privatsphäre (z. B. Umkleiden) sind tabu.